Bei so vielen Trends, die uns Tag ein, Tag aus begegnen, verliert man schnell schon mal den Überblick. Wie auch bei dem stetigen Kommen und Gehen? Manche Trends sind saisonal bedingt – beste Beispiel ist die Mode –, andere wie etwa Einrichtungsstile halten sich ein paar Jahre, bevor sie von wiederum anderen Trends abgelöst werden und wieder in der Versenkung verschwinden. Der eine oder andere kommt im Laufe der Zeit in Revival-Manier als Retro-Trend kurzzeitig wieder zurück. Doch alles in allem haben Trends eine vergleichsweise geringe Halbwertzeit. Doch wie wird aus einem Trend ein Megatrend und was hat der demografische Wandel damit zu tun?
Was Megatrends überhaupt sind und warum das Alter entscheidend ist
Es reicht ein Blick in die alte Kiste mit Fotos von früher, um zu erkennen, dass den allermeisten Trends kein wirklich langes Leben beschieden ist. Megatrends gibt es schon deshalb nicht sehr viele. Denn ein wesentliches Kriterium ist die anhaltende Präsenz eines Trends, um den Aufstieg in die oberste Liga der Megatrends zu schaffen. So schloss 1982 der Erfinder des Begriffs Megatrends, der US-Amerikaner John Naisbitt in seinem gleichnamigen Bestseller alle Trends von der Gruppe der Megatrends aus, die jünger als sieben bis zehn Jahre waren. Heute geht man sogar schon von mehreren Jahrzehnten aus.
Ein weiterer essenzieller Unterschied zwischen „normalen“ Trends und Megatrends ist die gesellschaftliche Bedeutung und die Fähigkeit, eine Gesellschaft zu veändern. Eine bahnbrechende gesellschaftliche Tragweite darf man beispielsweise Modetrends getrost absprechen. Anders verhält es sich etwa bei der Globalisierung. Und auch die Silver Society erfüllt dieses Kriterium. Das liegt am fortschreitenden demografischen Wandel in der Welt. Dieser ist zwar in unterschiedlichen Regionen rund um den Globus unterschiedlich schnell, aber er vollzieht sich überall und hat Auswirkungen auf die Gesellschaft, in der wir leben.
Warum Silver Society ein Megatrend ist und woher der Name kommt
Der demografische Wandel ist eine einfache Rechnung: Abnehmende Geburtenraten addiert mit zunehmender Lebenserwartung ergeben ein langsames Kippen der Alterspyramide. Dass die Menschen auf unserer Erde durch die Fortschritte in der Gesundheitsversorgung im Schnitt immer älter werden, ist schon länger ein offenes Geheimnis. Doch es ist die Eigenwahrnehmung der älteren Bevölkerung, die sich grundlegend verändert hat. Die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben hört nicht nach Eintritt ins Rentenalter auf, sondern scheint sich mittlerweile eher zu intensivieren. Und die Menschen stehen auch immer mehr dazu – wie zu ihren namensgebenden silbergrauen Haaren.
Der Megatrend Silver Society besitzt kleinere Subtrends, elf an der Zahl. Alles nachzulesen auf der Megatrends-Karte des Frankurter Zukunftsinstituts, die wie eine Art U-Bahn-Netz aufgebaut ist. Zu den besagten Silver-Society-Subtrends zählen beispielsweise digitale Technologien in der Gesundheitsversorgung, Un-Ruhestand, Pro-Aging oder Slow Culture. Gerade letzteres ist ein Beispiel dafür, wie verflochten das Zukunftsinstitut die Megatrends sieht. Denn die Slow Culture findet sich ebenfalls auf der „Bahnlinie“ des Megatrends „Neo-Ökologie“.
Aber wie verändert das Alterssegment der Silver Ager nun die heutige Gesellschaft? Dazu muss man eigentlich nur auf den Arbeitsmarkt und in die digitalen und analogen Einkaufsläden schauen.
Silver Society und der Arbeitsmarkt
Für den Personalsektor werden ältere Arbeitnehmer in vielfacher Hinsicht zu einer immer wichtigeren Ressource. Durch eine stetig besser werdende Gesundheitsversorgung wird auch die Arbeitskraft älterer Beschäftigter länger auf einem hohen Niveau gehalten. Das verlängert die Zeit der produktiven Mitarbeit im Unternehmen. Arbeitnehmer ab 50 wollen nicht bis zur Rente „durchgeschleppt“ werden, sondern einen Mehrwert für den Betrieb erbringen. Als „altes Eisen“ will sich niemand sehen.
In Unternehmen wandelt sich daher der Umgang mit älteren Mitarbeitern, z. B. durch flexiblere Arbeitsmodelle, ergonomischere Arbeitsplätze, altersgerechte Fortbildungsmöglichkeiten und eine flexiblere Handhabung des Ruhestands.
Der Wert dieser speziellen Gruppe von Mitarbeitenden ist aber nicht nur auf die Produktion von Gütern oder Dienstleistungen beschränkt. Auch die Weitergabe von Erfahrungen, Tipps und Tricks im Rahmen eines Mentorings jüngerer Kollegen ist für Betriebe von unschätzbarem Wert. Selbst im Ruhestand ist das Wissen aus dem Arbeitsleben ein Feld, das nicht brach liegen gelassen werden will.

Silver Society und der Konsum
Menschen ab 50 stehen mitten im Leben. Und das lassen sie sich immer häufiger auch etwas kosten. Das Max-Planck-Institut für demografische Forschung fand 2017 heraus, dass das Alterssegment ab 60 Jahren bei einem Vergleich der Zahlen von 1993 und 2013 den größten Zuwachs in der Kaufkraft erfahren hatte. Während der Gesamtkonsum in der Zeit um 47 Prozent gestiegen war, gaben ältere Menschen im Verhältnis 95,3 Prozent mehr Geld aus.
Und auch eine Auswertung des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2019 zeigt, dass die Altersgruppe von 55 bis 64 Jahren im Erhebungszeitraum monatlich je Haushalt mit großem Abstand am meisten für Freizeit, Unterhaltung, Kultur, Beherbergung und Gastgewerbe ausgab.
Die Zahlen zeigen, dass der Megatrend Silver Society und das wirtschaftliche Potenzial dahinter längst auch ein Umdenken in der Konsumgüterindustrie ausgelöst hat. Mit neuen Produkten und Innovationen, die zielgerichtet für die älteren Konsumenten in der Gesellschaft produziert oder entwickelt werden, soll der Markt in dem Alterssegment immer weiter erschlossen werden. Gerade im Gesundheitssektor ist in dieser Hinsicht in den letzten zwei Jahrzehnten viel geschehen. Der Nachfrage wird die stetig wachsende Gruppe an älteren Konsumenten immer stärker ihren Stempel aufdrücken. Und für die Wirtschaft werden die „neue Alten“ immer mehr zur werberelevanten Zielgruppe.
Silver Society und die Kultur
Butterfahrten waren gestern. Dieselbe Altersgruppe, die früher Feuer und Flamme für solche Verkaufsfahrten war, ist heute vergleichsweise viel beweglicher, vitaler und hat nicht allein dadurch ein umfangreicheres soziales Umfeld. Sie erwartet daher auch vom kulturellen Leben mehr als früher. In einem Diskussionspapier des Population Europe-Netzwerks von 2017 wird festgestellt, dass sich die Zahl der gesunden Lebensjahre stärker erhöht als die eigentliche Lebenserwartung. Und gesunde Menschen haben viel mehr Möglichkeiten, ihre Zeit mit Erlebnissen zu füllen. Ob nun Fernreisen oder Wanderurlaub, Freizeitpark oder Rockkonzert – auch hier schiebt sich die ältere Zielgruppe immer mehr in den Fokus von Anbietern, die speziell zugeschnittene Arrangements offerieren.
Ob nun als Produzenten oder Konsumenten – die Mitglieder der Silver Society sind ein immer wichtiger werdender Motor für die gesamte Gesellschaft.