Anzeige

Gut leben im besten Alter

Wieso, weshalb warum

„Ich, ich ich“, schallt es aus dem Klassenraum von Kindern, die ihre Arme weit nach oben strecken. Auf ihren Gesichtern spiegelt sich der Feuereifer, als Erstes drangenommen und dann voller Freude verkünden zu können: „Ich weiß es!“ Nicht, um zu glänzen, sondern weil sie stolz darauf sind, durch das Lernen etwas verstanden zu haben. Ein Rätsel der Welt gelöst zu haben. Diese kindliche Lust am Wissen – man kann sie wiederentdecken.

Auch wenn auf dem Weg zum Erwachsenwerden die Erkenntnis reifte „Lernen ist mühsam“ und sich in den folgenden Berufs- und Familienjahren die Weisheit bewahrheitete „Man wächst an seinen Aufgaben“ – es wäre doch schade, in kopfschüttelnder Abwehr „Das will ich alles gar nicht wissen“ oder in schulterzuckender Resignation „Was weiß ich schon?“ zu verharren.
Klar hat man im silbernen Alter schon vieles im Kopf – aber sich auf dem Wissen für das letzte Lebensdrittel auszuruhen? Wenn die Kinder aus dem Haus sind und die Rente vor der Türe steht oder sogar schon Hausgast ist – sollte man sich dann tatsächlich begnügen mit dem Wissen aus Nachrichten, Suchmaschinen oder unzähligen Quizsendungen? Klick, aha, und schon ist es wieder weg?
Ah, Wissen! Wie es entsteht und wo es sich überall finden lässt, zeigt das Forum Wissen, das Museum der Universität in Göttingen, mit seinem besonderen Museumskonzept. Leiterin Dr. Sandra Potsch erklärt: „Wir möchten transparent machen, wie Wissen geschaffen wird: Es gibt ganz verschiedene Wege und Methoden, sich einer Fragestellung anzunähern und neue Erkenntnisse zu gewinnen. In unseren zwölf jeweils ganz unterschiedlich gestalteten ‚Räumen des Wissens‘ sind daher eine Vielzahl von Messinstrumenten, Arbeitswerkzeugen, Forschungs- und Veranschaulichungsobjekten aus verschiedensten Bereichen zu finden, die verdeutlichen, wo Wissen entstehen kann und dass es stets auf der Zusammenarbeit und dem Austausch mit anderen aufbaut.“

Und so geht es eingangs des Museums um das „Wie“ der Forschung: sammeln, kategorisieren, Ähnliches und Gegensätzliches zuordnen, präparieren, beschriften, dokumentieren, systematisch aufbewahren oder ausstellen – damit andere am Wissen teilhaben können. Man könnte seufzen „welch ein Aufwand“, aber: Sich einer Sache so intensiv zu widmen, bedeutet auch, in eine Welt abtauchen zu können und dabei Dinge zu entdecken, die einen neuen Blick auf die Welt schenken.

Weiter geht es zu den Räumen, in denen das „Wo“ des Wissens steckt:

EXPERIMENTIEREN Im Labor werden Materialien analysiert, gemessen, werden Aggregatzustände verändert und Versuche gemacht. Vergleichbares findet sich in jedem Haus: in der Küche. Zutaten abwiegen, mischen, kochen, backen oder frittieren … Geschmacksproben nehmen, sich mit der Herkunft der Zutaten befassen, bewusster auswählen, raffinierter dosieren, den perfekten Garpunkt finden. Auch das handwerkliche Tun mit verschiedensten Materialien und Bearbeitungsweisen ist ein Experimentierfeld mit greifbarem Erkenntnisgewinn. Wissen steckt im kreativen Tun.

BEOBACHTEN Der nächste Raum gibt konkrete und spannende Beispiele der Feldforschung in jeweils unterschiedlichen Kontexten: wie sich Sichtweisen im historischen Kontext wandeln, eine Landschaft im Laufe der Zeit entwickelt, Tiere untereinander durch ihr Verhalten positionieren. So bietet auch das eigene Umfeld immer wieder interessante Feldforschungsansätze – sei es in der Natur, bei der Kommunikation, der geschichtlichen Entwicklung. Findet man durch das genaue Beobachten heraus, warum sich etwas verändert, versteht man die Welt ein bisschen besser. Wissen steckt in der bewussten Wahrnehmung.

NACHDENKEN Im „Schreibtisch“-Raum bewegt man sich auf einer Tischplatte zwischen überdimensionalen Schubladen, Aktenordnern, Büchern, Zeitschriftenschubern, Stiften und einem PC – alles ist da, um? Gedanken freien Lauf zu lassen, Informationen nachzuschlagen, sie zu ordnen, abzulegen, um sie wieder in die Hand nehmen zu können, Querverweise zu verfolgen, Zusammenhänge zu erkennen, neu zu sortieren, andere Perspektiven einzunehmen, Erkenntnisse im Laufe des Prozesses zu dokumentieren. Hier schaffen Konzentration und Fantasie logische Aha-Effekte. Wissen steckt in jeder neuen Überlegung.

DISKUTIEREN Der Salon ist ausgestattet mit einer Runde durchsichtiger Bubble-Chairs, auf denen man sich Gespräche zu je einem Thema anhören kann. An jedem Platz – sozusagen in jeder Bubble – erklingt ein anderer Standpunkt der Debatte und wirft die Frage auf: Könnte man diesen vertreten oder entspricht die eigene Meinung mehr der Stimme aus einem anderen Sessel? Wissen steckt im konstruktiven Austausch.

STUDIEREN Im nachgebauten Hörsaal zieht ein Film das Interesse auf sich: Schauspielerisch wird dargestellt, wie Körpersprache und Ausdrucksweise den entscheidenden Unterschied machen, ob man gelangweilt oder gespannt dem Vortragenden lauscht. Anders ausgedrückt: wie gut ein Empfänger den Sender erreichen kann. Die Antenne gut auszufahren, heißt es daher für den, der lernen will. Wissen steckt auch in einem scheinbar uninteressanten Vortrag.

IRREN Der Holzweg ist ein Raum mit Baustellencharakter, Zäunen und Helmen – und schnell durchschritten. Doch im wahren Leben führt der Wissens-Holzweg gerne ein paar Schritte zurück, z. B., weil sich ein Sachverhalt nicht verifizieren lässt oder ein neuer Gesichtspunkt Zusammenhänge verwirrt. Wie im wahren Leben auch bietet aber selbst eine Umleitung einen Weg – manchmal eben mit überraschendem Ausgang. Wissen steckt auch im Erkennen von Fehlern.

LESEN Unzählige Bücher bilden im letzten Raum einen hohen, begehbaren Turm mit einer Bank auf der Innenseite. Man könnte sich hier ausruhen, doch: Automatisch wandert der Blick an den Buchdeckeln der Romane, Gedicht-, Fotobände und Sachbücher entlang. Im Moment des Innehaltens reift die Erkenntnis: Es gibt noch so viel zu entdecken. Wissen steckt an.

Das Forum Wissen teilt sein Wissen auch bei unterschiedlichen Veranstaltungsformaten, z. B. Chalk-Talks und Salon-Debatten. Termine finden sich im Online-Kalender auf www.forum-wissen.de. Die Aufzeichnungen sind ebenso wie weitere Veranstaltungen der Universität Göttingen abrufbar auf dem youtube-Kanal der Uni.

Weitere Orte des Wissens


Niedersächsische Akademie der Wissenschaften
Im Wintersemester finden in Kooperation mit der Göttinger Universität statt: Eine Ringvorlesung „Herz und Hirn gemeinsam im Fokus“ mit naturwissenschaftlichen Referenten und eine Veranstaltungsreihe unter dem Thema „Umwandlung tropischer Regenwälder: Soziale und ökologische Folgen und Perspektiven“. Informationen unter adw-goe.de.
Außerdem bietet die Mediathek Videos und Audios zum Abrufen.

Literaturherbst
Die Wissenschaftsreihe ist ab dem Jahr 2020 archiviert und abrufbar über die Videothek auf www.literaturherbst.com/programm/wissenschaft-beim-goettinger-literaturherbst/

MPS Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung
Wissenswertes über unsere Sonne und ferne Planeten sind Themen bei den öffentlichen Veranstaltungen, die in Kürze im Internet auf www.mps.mpg.de/6110595/oeffentliche-vortraege-und-veranstaltungen veröffentlicht werden.

Georg-August-Universität
Die Sammlungen unterschiedlichster Fachgebiete sind frei zugänglich. Öffnungszeiten und Angebote von Führungen findet man beim Weiterklicken auf der Seite sammlungen.uni-goettingen.de.

Stadtarchiv
Interessantes über die Geschichte seit dem Jahr 750 findet sich online genauso wie Aufstellungen über Straßennamen, Ehrenbürger, Göttinger Gedenktafeln und vielem mehr. Über www.stadtarchiv.goettingen.de lässt sich sogar eine Geburtstagszeitung bestellen. Das Stadtarchiv Duderstadt ist ebenfalls online zugänglich: stadtarchiv-duderstadt.gbv.de.

SUB Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen
Auch Privatpersonen kommen mit einem frei beantragbaren Bibliotheks-
ausweis an das reichhaltige analoge und digitale Wissen der SUB. (www.sub.uni-goettingen.de/neu-hier/anmeldung/anmeldung-fuer-einen-bibliotheksausweis)

Wiki Göttingen
Das Heimatarchiv bietet Informationen zu den Regionen Göttingen, Northeim, Einbeck und das Eichsfeld unter www.wiki-goettingen.de.

Museen
Die Suche nach einem Museum in der Region gelingt einfach auf der Webseite des Museumsverbands Niedersachsen und Bremen e. V. unter www.mvnb.de.

Deutsches Primatenzentrum
Bis Oktober 2023 finden jeden Monat öffentliche Führungen zur Tierhaltung statt. Zu finden im Netz unter www.dpz.eu/de/aktuelles/veranstaltungen.html.

Hainbergobservatorium
Auf eine Reise zu Sternen und Galaxien geht es bei den Führungen der Amateurastronomischen Vereinigung Göttingen. Einen Kalender der Führungen des Vereins findet man unter www.avgoe.de.

Kliniken und Krankenhäuser
Medizinische Themen werden in Vortragsreihen verschiedener regionaler Gesundheitsversorger angeboten. Diese sind auf den jeweiligen Webseiten zu finden.

Foto: Martin Liebetruth

Text: Claudia Klaft

Zum Thema

Anzeige

Neuste Artikel